Dienstag, 30. Oktober 2007

Praesident Pinochet

In unserer Reihe "Unterschiede wie Tag und Nacht" praesentieren wir Ihnen heute: Vergangenheitsbewaeltigung.

Chile ist nun ein Land, in dem man viele Sachen nicht ganz so ernst nimmt. Arbeitszeiten, Treffen, Termine... (Ich schreibe diesen Eintrag, in der Zeit, die ich gewonnen habe, weil ich mich mit meiner Praktikumspartnerin kurzfristig eine halbe Stunde spaeter treffe.)
Buerokratie wird dafuer mit einem Ernst betrieben, der manchmal wie eine Farce anmutet. Man bekommt hier fuer alles kleine Papierchen, die man aufheben muss, damit man damit andere Papierchen bekommen kann, die schliesslich dafuer sorgen, dass man seine Papiere abholen darf.
Eben jene Buerokratie sorgt beispielsweise auch dafuer, dass in der Galerie chilenischer Praesident_innen Pinochet ganz normal aufgefuehrt wird. Da definiert man nicht lange das Wort "Praesident", beispielsweise als Person, die vom Volk gewaehlt wurde. (Wurde Pinochet nie) Nein, da hat alles seine Ordnung und Pinochet seinen Platz in der Ahnengalerie.
Deswegen war es im letzten Jahr auch eine strittige Sache, als die Bachelet dem toten Pinochet das Staatsbegraebnis und die drei Tage Staatstrauer verweigert hat. Als Praesident haette es ihm ja zugestanden. Anhaenger_innen Pinochets haben dann demonstriert, genauso wie Gegner_innen. Letztlich durften dann wenigstens die Militaers ihre Flaggen auf Halbmast haengen.
Kleine Anmerkung unter der Kategorie Ironie des Schicksals: Pinochet ist 10.12. letzten Jahres gestorben und damit am internationalen Tag der Menschenrechte.

Aber auch der weniger offizielle Umgang mit dieser Zeit ist schon spannend. Im Instituto de la Mujer hat man mir inzwischen beispielsweise die beca Pinochet - das Pinochetstipendium erklaert. Damit haben Leute unter Pinochet im Ausland studiert. Allerdings nicht staatlich unterstuetzt. Eher im Gegenteil. Mit der beca Pinochet haben Leute studiert, die unter Pinochet ins Exil mussten und dort dann eine Uni besucht haben.
Vergangenheitsbewaeltigung wird hier wohl auch weniger ernst, dafuer mehr buerokratisch betrieben.

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