Dienstag, 6. Januar 2009

Long time no see

Ich war auf Goa, da sollte ich doch was zu erzählen haben?

Langweilige Normalo-Sachen:
- am Strand gelegen CHECK
- Sonnenbrand bekommen CHECK
- Strandhändlern jede Menge Tand abgekauft CHE... ne, nur ein paar GOA-Trickots.

Naaaaaja. Am zweiten Weihnachtstag waren wir in einer Kneipe, in der ausschließlich Briten waren. Man konnte durch die Scheibe in die Küche gucken, wo ein halbes Dutzend Köche und Gehilfen wahlweise Löcher in die Luft starrten oder alle zusammen eine handvoll Gerichte zubereiteten und sich dabei im Weg standen.

Der wahre Spaß lag aber diesseits der Scheibe. Die Kneipenbesitzer hatten einen singenden Animateur engagiert, der mit seiner Karaoke-Maschine die Massen beglückte. Wobei, dieses Krakelen hatte wenig mit "Singen" zu tun. Jeder Einsatz wurde verpasst, kein Ton getroffen, es wurde indisch-näselnd geleiert und gekrächzt. Die armen Oldies wurden schlimm mißhandelt.

Und die britischen Oldies im Publikum auch, aber sie ließen sich nichts anmerken. Stiff upper lip und so. Ab und zu kriegte der Karaoke-Musikhasser ein paar Leute zum Tanzen, meist das von uns als Patty-und-Selma verunglimpfte Schwesterpaar, das beim Pirouettieren immer unglücklich und schlecht koordiniert ineinander hüftete. Heute reissen wir uns einen auf!, müssen sie gedacht haben.

Bei einer britischen Familie war das schon passiert, jede der beiden Töchter hatte einen jungen Inder mit Gelfrise und Brilli im Ohr zum weihnachtlichen Familienabend mitgeschleppt. Warum der Vater das zimperlich zuließ und die beiden nicht gut britisch zusammen zimmerte, ist mir ein Rätsel. Die Stecher-Inder wirkten auch optisch genau wie Leute, die am Strand junge Touritöchter abgreifen, wenn der Vadder nicht hinguckt. Aber in dieser Kulisse waren sie aus ihrem Element: Überall schwer tätowierte und farbenblind gekleidete BritInnen beim Alkoholisieren, der schlechteste Sänger der Welt neben dem Tisch, da saßen sie in angespannter habacht-Stellung und wollten wohl nur noch weg. Aber sie hielten durch.

So auch wir! Auf dem Hinweg hatten ein paar Restaurantangestellte mit ihren Feuerwerksraketen fast das eigene Lokaldach aus Palmenblätterscheise abgefackelt, das war vielleicht ein Omen. Ein witziges Omen, weil alle plötzlich zum Knallen ihrer eigenen dummen Böller, die den Straßenverkehr minutenlang aufgehalten hatten, die Stützstangen hochkletterten, um das Feuer auszuschlagen.

Das Goa-Drumherum ist für geneigte Leser langweilig, es handelt sich nur um Variationen des schon aus Delhi und Jaipur Bekannten: Händler belästigen einen sehr offensiv, dafür mit einem "hello, FRIEND! how are you?" statt einfach "Yes, SIR! I have the same shirt, 100 rupees! Very cheap!", wobei das "friend" wohl die freundliche Lebensart im Süden ausdrücken soll. Statt Tuktuks gibt es Taxis, die aber meist rumstehen und auf Kundschaft warten. Es gibt ein klares Überangebot an Taxen, aber kein einzelner Fahrer ist bereit, darauf mit einer angemessenen Preissenkung zu reagieren. Alle können einem eine Liste von "fairen" Phantasiepreisen zeigen, die anscheinend dort unten vom Taxenkartell verteilt wird. Warum jemand lieber stundenlang dumm glotzend und ohne Arbeit in seinem Taxi rumsitzt anstatt mich zwei Minuten durch die Gegend zu fahren, weiß ich nicht.

Vor dem Rückflug bin ich mal wieder ausgerastet. Am Flughafen Goas drängelte sich die gleiche indische Familie mehrmals vor, erst beim Check-in, dann beim Boarding. Als wenn sie dadurch schneller in Delhi wären. Auf Beschwerde grinst der Familienvater nur dümmlich, bewegt sich aber keinen Zentimeter weg von seinem unverdienten Platz in der Reihe. Typisch halt.

Damit nicht genug: es gibt drei Gates für Abflüge und es steht nirgendwo, an welchem man sich zum Boarden anstellen soll. Von jedem Offiziellen wird man woanders hingeschickt. Dass das Boarden erst beginnt, als wir laut Ticket schon fast abgehoben sein sollten, kann man ja nicht wissen, weil es kein Lautsprecher durchsagt. Einen einzigen Fernseher in der Halle gibt es, der für jeden einzelnen Flug wenigstens die geplanten Abflugszeiten angibt. Die Info-Slides auf dem Schirm sind aber zur Hälfte unlesbar auf Hindi, dann geht es nochmal zur Hälfte um Arrival-Flüge, obwohl in der Departure-Halle angebracht. UND dauernd von minutenlangen Werbeblöcken unterbrochen.

Also ein Ausraster. Aber es wird weniger. Man gewöhnt sich an alles.

Für mehr Erzählung fehlt mir die Inspiration. Ich sitze inzwischen in Dehradun, suche mir gleich eine Bleibe.

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