Mittwoch, 27. Mai 2009

"Bonne digestion!"

Jetzt geht es weiter. Diesmal zum sehr wichtigen Thema Essen.

Um das gleich vorauszuschicken: So viel anders ist es gar nicht. Allein das ganze Drumherum ist vielleicht ein bisschen gewöhnungsbedürftig.

So wie hier sowieso und alles auf der Straße – oder eben den Pisten – stattfindet, so eben auch Nahrungszubereitung und – aufnahme. Frauen tragen große Aluschüsseln Obst und Gemüse auf dem Kopf. Jungen schieben in auf Blechstangenkonstruktionen montierte Glaskästen große krapfenähnliche Fettbälle durch die Straßen. Überall stehen wackelige Tischchen mit verschiedenen Nussarten in kleinen Plastiktütchen. Aber das ist ja alles nur so für zwischendurch auf die Hand.

Richtig Mittagessen gibt es beispielsweise „Chez Tanti“, also „bei Tantchen“, denn alle älteren Frauen werden respektvoll „Tantchen“ genannt. Dort stehen auf wiederum wackeligen Tischen abermals große Aluschüsseln mit noch größeren Plastiktüten voller Reis, daneben und darunter kleinere Töpfe. Zur Auswahl stehen „riz blanc“ und „riz gras“. Den original weißen „riz blanc“ gibt es mit Erdnusssoße, der rötliche „riz gras“ wurde mit Soumballa, so einem Pulver einer Pflanze, gefärbt und wird mit Gemüsesoße serviert. Dazu vielleicht ein Klops Fleisch oder ein Stück vom Fisch, jeweils schwierig im Verzehr, weil noch alles dabei ist. Oder aber ein Klotz Yams dazu, eine Knollenfrucht, die außer der sehr viel mächtigeren Größe in allem an die gute alte Kartoffel erinnert. Oder statt Reis ein wenig Spaghetti, ist ja aber langweilig. Oder aber, ein wenig abenteuerlustiger, Tô mit sauce d’oseille. Tô, das sind recht große Klöße aus zermahlener Hirse, die einfach mal Null Eigengeschmack haben, weswegen die Sauce ganz wichtig ist. Die wiederum erinnert in den Kategorien Aussehen und Konsistenz an Spinat. Oder auch Bohnen mit ganz viel Öl und Salz. Und zwar die braunen Tönchen-Böhnchen, nech.

Zum Verzehr geht es zu den anderen auf die bereit gestellten Bänke, entweder im Haus oder im Stohmattenverschlag oder einfach unter einem Baum. Die anderen sind meistens arbeitende Männer, die zur kurzen Mittagspause vom Straßenverkauf hier einkehren. Auf den gewünschten „Guten Appetit“ wird ein „Sie sind eingeladen“ entgegnet. Diesen Satz höre ich auch öfter von den essenden Nachbarn, wenn ich nachmittags durchs Viertel laufe. Ich bedanke mich dann freundlich und gehe weiter. Denn diese Einladung ist mal wieder eine der vielen Floskeln, die eigentlich nur Ausdruck von Höflichkeit sind. So verteile ich nun auch ganz selbstbewusst die Einladungen.

Gegessen wird eigentlich mit der rechten Hand– und zwar nur mit dieser. Jaja, Afrika und Entwicklungsland und so. Tatsächlich ist das aber auch gar keine Schweinerei. Und die Hände werden vor und nach dem Essen mit Wasser aus den bereitgestellten Plastiktrögen gewaschen. Und für uns gibt es immer auch große Löffel.

Eine große Portion Reisberg mit Sauce dabei kostet umgerechnet etwa 50 Euro-Cent. Und nach dem Zahlen wünscht uns Tanti noch „Bonne digestion!“, also gute Verdauung. Wie nett. Bisher ist auch alles gut gegangen und ich wurde von keinerlei fiesen Bakterienkulturen heimgesucht. Auf Holz geklopft!

Etwas spektakulärer ist dann schon die Entdeckung von Fleischgerichten. Ganz oft gibt es nämlich Brochetten-Stände. Auch an der Straße, is klar, hier und da mit kräftiger Rauchentwicklung. Aber das stört beim hiesigen Straßenverkehr auch nicht weiter: Irgendwas ist immer. Brochetten also sind kleine Fleischstücken, die auf einem Holzspieß gepiekst werden. Ähnlich einem Schaschlik, nur kleiner. Alternativ gibt es auch einen Teller Fleisch. Oder „einen afrikanischen Döner, zum Mitnehmen, bitte“ – so haben wir das mal WG-intern getauft. Das war auch gleichzeitig unser erstes Fleisch-Erlebnis.

Also: Ein großes Rost wird auf zwei wacklige Steinerhöhungen balanciert; darunter glühen sperrige Holzklotze, die bis auf den Weg ragen: der Grill, voilà. Daneben ein wackeliges Tischchen; darauf ein abgenutzter Amboss, ein Plastiktellerchen, einige Fläschchen und ein großes Messer: die Küche, enchanté. Der Grillmeister holt ein Stück Fleisch aus einer Kiste hervor und spaltet kleine Stückchen ab, die dann auf den Grill geworfen werden. Ein bisschen würzen, kurz warten. Währendessen holt der Meister aus einem Korb ein großes Stück Papier, reißt ein Rechteck davon ab, wendet sich ab und haut einmal mit der flachen Hand auf das Stück Papier. Nun ist sauber. Dann werden die Fleischstückchen vom Grill mit der Hand gekonnt auf das Papierstück geworfen und oben zusammengewickelt. In einem kleineren, ebenfalls professionell gereinigten Papierstück wird ein wenig roter Pfeffer gebrist, ebenso zusammengezwirbelt. Das ganze mit Zahnstochern als Besteckersatz in die beliebte schwarze Plastiktüte. Fertig. Es bietet sich an, die Mahlzeit in beleuchteter Umgebung zu genießen. Hier und da hängen noch Fett und Knorpel dran. Knochen sowieso. Ein ewiges Herumstochern, unter Licht betrachten, abwägen, dann riskieren oder doch verwerfen.

2 Kommentare:

Christoph hat gesagt…

Boah, jetzt krieg' ich hier Hunger!

Lisa hat gesagt…

Um dem Hunger gleich mal entgegenzurumpeln:

Am Sonntag nach dem euphorischen Beitrag aßen wir teure Upper class-Brochetten aus einer richtigen Maquis-Küche.
Am Tage darauf ging es bei mir los. Die Nacht danach erreichte es die anderen: Magen-Darm-Schwierigkeiten. Und danach totales Schlappsein. Wegen der Elektrolyte. Denkt an die Elektrolyte!
Nun ist aber alles wieder gut.

Noch Hunger? Hehe.