Samstag, 29. Dezember 2007

Buenos Aires, eine Foto-Love-Story

Pah, was sind schon 20 Stunden Busfahrt (einfach), wenn man dafuer drei Tage in einer herrlichen Stadt verbringen kann? Jetzt verstehe ich, wie man sich in Buenos Aires verlieben kann.

Nach ungefaehr zwei Stunden Busfahrt: Die argentinische Grenze. Nach weiteren zwei Stunden warten, und Grenzabfertigung, ging's auch schon weiter. Direkt ins Hostel.

Huebsch, nech?

Der aufmerksame Betrachter, sowie die aufmerksame Betrachterin, koennen den Schimmel rechts oben entdecken. D'oh!
Doch dann ging es daran, die Stadt zu erkunden.

Das ist in Recoleta, einem sehr gehobenen Stadtteil. Was aber in der ganzen Stadt war, war dieser Eindruck der Ruhe. Die Leute sind nicht staendig rumgerannt, generell hat man von den 13 Millionen Einwohnern, die diese Stadt angeblich hat, nicht wirklich viele gesehen. Vielleicht hatte das aber auch mit der Weihnachtszeit zu tun.

Unglaublich, aber wahr, das Bild oben zeigt einen Friedhof. In den grossen Marmor-Haeusern wohnen die Toten. Beruehmte, reichte Tote, wie beispielsweise Evita. Manchmal konnte man durch die Fenster sogar die Saerge sehen. Dem Tod hautnah.

Etwas weiter gelaufen, stand er dann da. Der Obelisk. Herrlicherweise gab es am gleichen Tag einen Auftritt einer argentinischen Ballett-Groesse, direkt dort, auf der Strasse, hinter dem Obelisken.

Und sonntags gibt es einen Markt im Stadtteil San Telmo. Bessergesagt ein Marktspektakel. Fast im ganzen Barrio gibt es Staende, auf denen artesanale Kunst, Kitsch, Kleidung, Essen, ja eigentlich alles verkauft wird. Und es wird getanzt. Tango natuerlich.

Und manchmal, wenn man einfach abbiegt, weg von den lebhaften Strassen, kann man Hinterhoefe finden, in denen die Zeit stillsteht.

Abschliessend noch ein Wort zur argentinischen Farbgebung: Rosa.


Ja, denkt ihr jetzt, gut, ein rosa Haus. Nein, nein, nein, ein rosa Regierungssitz! Desweiteren zeigen in Buenos Aires rote Ampelmaennchen an, wann man nicht gehen darf und rosa Ampelmaennchen, wann es in Ordnung ist.

Wie ihr den Andeutungen (und dem explizit Geschriebenen) vielleicht entnehmen konntet, hat mir Buenos Aires unglaublich gut gefallen. Aber nicht nur die Stadt, auch die vielen, vielen tollen Menschen, die ich dort getroffen habe. Im Hostel haben wir viel mit Menschen aus ganz Suedamerika geredet und natuerlich gefeiert. Und so ging dann auch Weihnachten ohne allzugrosse Heimatssehnsucht in einem erlesenen Kreis neuer Freunde vorbei. Buenos Aires: U rock!

Sonntag, 16. Dezember 2007

Urlaub und der arme Held Victor

Die letzte Woche war relativ ruhig und mit viel Urlaubsplanung versehen.

Die Plaene zusammen gefasst: Am 21.12. werd ich mit Laura, meiner italienischen Mitbewohnerin nach Buenos Aires aufbrechen. Laeppische 20 Stunden Busfahrt spaeter sind wir dann da und verbringen Weihnachten dort in unmenschlicher Hitze, bevor wir die gleiche Anzahl an Stunden zurueckfahren. Wird sicher lustig.

Am 25.01. werd ich dann in den Sueden Chiles fliegen. Nach Punta Arenas. Dort werd ich mich mit Cristián treffen und wir machen eine Woche Trekking im Nationalpark Torres del Paine. Danach fliegt Cristián zurueck, weil er wieder arbeiten muss, waehrend ich alleine und per Bus meinen Rueckweg nach Santiago suche und mir dafuer etwa 3 Wochen Zeit nehme. Die Inseln Chiloé stehen auf jedem Fall auf dem Plan, der Rest ist noch etwas verschwommen.

Nachdem ich sonst ich nicht viel zu berichten habe, haeng ich jetzt noch den versprochenen kurzen Bericht ueber Victor Jara an.

Als Sohn einer Arbeiterfamilie wuchs Jara in der Naehe Santiagos auf. Nach einigem Hin und Her entschloss er sich dazu, Folksaenger zu werden. Ein linker noch dazu. Das war unter Salvador Allende auch noch eine gute Idee. Doch dann kam Pinochet und der fand das gar nicht so lustig, dass da ein Typ staendig linke Arbeiterlieder singt und die Massen zum Zusammenhalt aufruft, zumal Jara auch schon zu einiger Beruehmtheit gelangt war. Also wurde er verhaftet und mit anderen politischen Gefangenen ins Estadio Chile in Santiago verfrachtet. Das Stadium diente zu der Zeit als grosses Gefangenenlager /Folterkammer fuer viele Opositionelle. Dort wurden ihm die Haende gebrochen. Dann wurde er wohl dazu aufgefordert, die Nationalhymne zu singen. Victor Jara sang auch, allerdings nicht die Hymne, sondern das Lied der Unidad Popular, dem Zusammenschluss der linken Parteien Chiles („Venceremos“ – Wir werden siegen.) Das war nicht gut fuer seine Gesundheit. Er wurde daraufhin zusammengeschlagen und schliesslich umgebracht.

Ich finde ja, dass diese Geschichte eigentlich nach einem Happy End schriee. Aber davon, dass das Estadio Chile, 2003 in Victor Jara-Stadium umbenannt wurde, hat der gute Jara wohl nichts mehr. Sein Bild ist hier aber genauso gegenwaertig wie das des guten Ches. Und genauso vermarktet. Aber der Stolz auf Jara ist hier auch ziemlich allgegenwaertig. So wie auch seine Lieder.

Da, noch ein paar Quellen:

Mein Reisefuehrer Chile,

http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%ADctor_Jara,

http://hpd-online.de/node/2726

Samstag, 8. Dezember 2007

Musik!

Mein Leben hier hat sich drastisch veraendert. In einer Weise, wie nur ein spanischsprachiges Land es veraendern konnte. Bislang war mein Leben quasi spitznamenlos (mal abgesehen von einigen grausamen muetterlichen Verniedlichungsformen aus meiner fruehen Kindheit...) Hier haben sich inzwischen drei Spitznamen angehaeuft, die auch alle benutzt werden. Silvia, die Sekretaerin begruesst mich jeden Tag mit einen – wirklich netten – „La Carmencita.“ Mit Betonung auf dem i (La Carmenciiiita), Daniela aus meinem Projekt hat dazu „Carmela“ addiert, wie Carmela aus dem gleichnamigen Stueck von Don Salvador María Granés. Ich werde das Stueck noch lesen, nur so viel: Es ist eine Parodie auf die Oper Carmen und Carmela kommt wohl nicht so gut weg. Sie scheint sich staendig zu verlaufen und auch ansonsten nicht gerade der heissbluetigen Carmen aus der Oper zu entsprechen. Wie ich zu dieser Ehre komme, kann ich hoechstens erahnen.

Gestern erfuhr ich nun von dem dritten und bislang wohl nicht ofiziellen Namen: „La muñeca brava.“ Uebersetzt soviel wie „die mutige Puppe“. Im Deutschen wohl eher tapferes Pueppchen, aber ich moechte Wert darauf legen, dass sie Puppe wenigstens nicht mehr verniedlicht haben! Immerhin kann brava auch „wild“ heissen... Aber Puppe!?!

Das Pueppchen war gestern jedenfalls auf einem Konzert. Es haben vier Gruppen fuenf Stunden lang gespielt. Toll. Chilenische Revolutionslieder. Die ersten beiden, juengeren und noch ziemlich unbekannten Gruppen, haben Musik mehr in Richtung Rock/Ska gespielt. Dann kamen Sol y Lluvia, die mehr Ska in Richtung andiner Musik gemacht haben, was aber auch richtig toll war. Den Abschluss bildeten Inti Illimani, die uns eine musikalische Geschichtsstunde verpasst haben. Mit Musik, die unter Pinochet wohl verboten war, unter Anderem mit Liedern von Victor Jara. (Ich werde in der Woche was ueber ihn schreiben, also macht euch nicht die Muehe auf Wikipedia zu suchen.) Am Ende hat das Publikum mit musikalischer Untermalung der Band skandiert: „El pueblo unido jamàs serà vencido!“ mit erhobener linker Faust. Uebersetzen kann man das wohl mit: Das vereinte Volk wird nie besiegt werden.

Angekommen in der Postmoderne, hab ich daraufhin begonnen mir folgende Fragen zu stellen: 1. Wenn das GANZE Volk vereint ist, wer sollte dann auch noch da sein, um es besiegen zu wollen? 2. Wenn das vereinte Volk nicht alle einschliesst, was passiert dann mit den Leuten, die das Volk nicht besiegen konnten aber auch kein Teil davon sind. Sollte man dann nicht vielleicht noch einen Satz ueber Minderheitenschutz einfuegen? Sowas wie: Das vereinte Volk kann nicht besiegt werden, wir erklaeren uns aber verantwortlich, unsererseits niemanden zu unterdruecken und differierende Meinungen zu akzeptieren, solange sie sich im Rahmen eines gewissen Grundkonsenses befinden, den wir zu schliessen gewillt sind. Zugegeben, etwas schwer zu skandieren.

Heute Abend werde ich das naechste Konzert besuchen. Das wird wohl weniger kaempferisch, aber hoffentlich auch spannend, wieder andigene Musik, diesmal eher Richtung Jazz.